Pressemeldungen | 06.02.2024

Empfehlung zu Spezialbrot

I. Rechtslage

Acrylamid entsteht bei vielen Bräunungsvorgängen von Backwaren und anderen Lebensmitteln. Der europäische Gesetzgeber hat entschieden, den Acrylamidgehalt von Lebensmitteln zu regulieren und insgesamt auf eine Reduktion hinzuwirken. Dafür sind vor allem zwei Rechtsquellen maßgeblich:

1. Acrylamid-Verordnung 2017/2158

Nach der EU-Verordnung 2017/2158 (Acrylamid-Verordnung) gelten für bestimmte Backwaren Orientierungswerte für Acrylamid (in ug/100 g). Hier werden auch Werte für Brot genannt:

Weiches Brot

a) Brot auf Weizenbasis 50
b) Weiches Brot außer Brot auf Weizenbasis 100

Die Acrylamid-Verordnung wird durch Leitlinien der EU-Kommission zur Interpretation ergänzt.

2. Kommissions-Empfehlung 2019/1888

Darüber hinaus benennt die Kommissions-Empfehlung 2019/1888 bestimmte Brotspezialitäten, zu denen noch Acrylamid-Daten gesammelt werden sollen und die daher keinen Orientierungswerten unterliegen. Hier findet man unter Backwaren

Brotspezialitäten (wie Pumpernickel, Ciabatta mit Oliven, Zwiebelbrot usw.)
Brötchen (Hamburgerbrötchen, Vollkornbrötchen, Milchbrötchen usw.)

II. Problemstellung und Zielsetzung

Die große Produktvielfalt bei deutschem Brot macht es schwierig, diese in das Gefüge der
Acrylamid-Regelungen einzuordnen. Sowohl der Begriff des „weichen Brotes“ der Acrylamid-Verordnung als auch die Produktgruppe der „Brotspezialitäten“ in der Kommissionsempfehlung sind bewusst offen formuliert und nicht abschließend.

Ziel der vorliegenden Empfehlung ist es, für den deutschen Brotmarkt auf objektiver Grundlage besser greifbare Definitionen / Auslegungen im Sinne dieser Problemstellung zu empfehlen.

III. „Weiche Brote“

Für den deutschen Markt bietet es sich an, die Gruppe der „weichen Brote“ anhand der Leitsätze für Brot und Kleingebäck der DLMBK näher zu definieren. Hier bietet der Punkt 2.1. der Leitsätze einen Ansatz:
Brote nach Punkt 2.1.:

  • 2.1.1. Brote aus einer Brotgetreideart (Weizen-, Roggen-, Dinkelbrot…)
  • Weißbrot
  • 2.1.2. Brote aus sonstigem Getreide/Pseudogetreide (Hafer-, Mais-, Hirsebrot…)
  • 2.1.3. Mischbrote (Weizen-; Roggen-, Dinkelmischbrot….)
  • 2.1.4. Schrotbrote (Weizen-; Roggen-, Dinkelschrotbrot… & Kombinationen)
  • 2.1.5. Vollkornbrote…
  • 2.1.5.1. aus Brotgetreide (Weizen-; Roggen-, Dinkelvollkornbrot… & Kombinationen)
  • 2.1.5.2. aus sonstigem Getreide/Pseudogetreide (Hafer-, Mais-, Hirsevollkornbrot…)
  • 2.1.6. Mehrkorn- Drei- und Vierkornbrote
  • 2.1.7. Glutenfreies Brot

Bei diesen Broten ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie der Produktgruppe der „weichen Brote“ der Acrylamid-Verordnung 2017/2158 zuzuordnen sind, es sei denn, die Kriterien für Brotspezialitäten sind einschlägig.

IV. Definition von „Brotspezialitäten“

Zur Objektivierung der Gruppe der „Brotspezialitäten“ bieten sich aus Sicht des Verbandes folgende Kriterien an:

Brotspezialitäten sind Brote, die

  • aufgrund besonderer Zutaten oder
  • aufgrund besonderer Herstellungsweisen

höhere Acrylamidwerte generieren als andere in der Acrylamid-Verordnung genannte Produkte, und

  • hinsichtlich des deutschen Brotmarktes Nischenprodukte darstellen oder untergeordnete Bedeutung haben.

V. Brotspezialitäten

Folgende Produkte sind daher aus Sicht des Verbandes zu den Brotspezialitäten zu zählen:

  1. Die in der Kommissionsempfehlung 2019/1888 (s. Anlage) ausdrücklich genannten Brotspezialitäten (wie Pumpernickel (auf Grund der Herstellung), Ciabatta mit Oliven und Zwiebelbrot (auf Grund der Zutaten))
  2. Die gesamte Warengruppe Brötchen, ebenfalls in der Kommissionsempfehlung 2019/1888 genannt. Brötchen haben im Vergleich zu Brot eine deutlich höhere spezifische Oberfläche. Da sich Acrylamid an der Backwarenoberfläche bildet, ist hier das Bildungspotenzial für Acrylamid höher.
  3. Brote mit Nüssen und Früchten (Backwaren mit besonderen Zutaten), die im November-Bericht aus dem SCoPAFF-Ausschluss der EU-Kommission (2022) ausdrücklich als mögliche Ausnahmen genannt sind (s. Anlage).
  4. Weitere Backwaren mit besonderen Zutaten:
    • Kartoffelbrot und Karottenbrot, bei denen die praktische Erfahrung und erste Ergebnisse des FEI-Acrylamid-Forschungsprojektes ergeben haben, dass die Zutaten (Kartoffelflocken, Karottenschnitzel) höhere Acrylamidwerte generieren.
    • Malzbrot (z.B. Malfa-Brot), da die Zutat Malz bzw. Röstmalz hohe Acrylamidgehalte aufweist
  5. Backwaren mit besonderen Herstellungsweisen:
    Backwaren mit produkttypisch stark ausgebackener Kruste, z.B. Steinofen-, Holzofen-, Bauern-(Krusten)-Brot und Gersterbrot. Da sich Acrylamid an der Backwarenoberfläche bildet, ist hier das Bildungspotenzial für Acrylamid höher.

VI. Marktbedeutung von Brotspezialitäten

Der deutsche Backwarenmarkt wird deutlich von Weizen- und Roggenmischbroten, Weizenbroten und Toast dominiert. Sämtliche unter Punkt V. genannten Brotspezialitäten haben demgegenüber eine Nischen- bzw. untergeordnete Bedeutung.

VII. Entscheidung im Einzelfall

Diese Empfehlung soll als Auslegungshilfe verstanden werden. Die Entscheidung über eine Zuordnung zu „weichen Broten“ oder Brotspezialitäten kann jeweils nur im Einzelfall erfolgen. Sie muss dabei die Kriterien der Acrylamid-Verordnung, der Auslegungs-Leitlinie hierzu sowie der Kommissions-Empfehlung 2019/1888 in Betracht ziehen, diesen soll diese Empfehlung nicht vorgreifen.

Stand: 06. Februar 2024